Ein Tastatur-Gebet

nach einer Idee von Emma Richardson

Maria Herrmann
3 min readMar 16, 2022
Photo by Amy Hirschi on Unsplash

Vorbereitung:

Es ergibt Sinn im Vorfeld das Bild einer Tastatur in der Totale (also von oben aufgenommen) zu organisieren, das man bei der Meditation einblenden kann. Damit haben Menschen, die von einem Smartphone oder Tablet zugeschaltet sind, die Möglichkeit wenigstens sichtbar eine Tastatur vor sich zu haben.

Text:

(Einführende Worte)

Vielleicht magst du dich einmal bewusst hinsetzen. Auf deiner Coach, deinem Stuhl. Vielleicht liegst du in deinem Bett oder auf dem Sofa. Schau einmal, dass du all das bewusst tust: Sitzen, Liegen, Stehen.

Und vielleicht hast du jetzt eine Computer Tastatur vor dir. Die wird in den kommenden Minuten nun im Mittelpunkt stehen. Wenn du keine vor dir hast, weil du ein Tablett oder ein Smartphone benutzt, macht das nichts. Auf dem Bildschirm erscheint nun eine Tastatur.

(Meditation)

Wir beginnen mit den Zahlen auf der Tastatur. Wenn du eine eigene Tastatur hast, kannst du ja entlang der Zahlen mit deinen Fingern streifen. Nimm dir einen Moment Zeit zu überlegen: Wenn die 9 ein sehr schönes Gefühl ist, und die 1 am wenigsten gut, wo bleibt dein Finger liegen für den Moment? Wie fühlst du dich gerade? Wenn du das Bedürfnis hast, kannst du ja auch mal die Zahl drücken.

(Kommentar: Dieser letzte Satz funktioniert nicht überall, da damit manchmal die Konferenzsoftware nicht klarkommt, und sollte ggf. weggelassen werden.)

Was gehört dazu, dass du dich gerade so fühlst? Kannst du das in einem Wort zusammenfassen? Was wäre dieses Wort?

Hast du so ein Wort? Geh doch mal die Buchstaben des Wortes ab. Taste für Taste. Wenn es Vorfreude ist. Beginne mit dem V. Dann das O. Ein R. und so weiter. Vielleicht bist du nervös oder aufgeregt, neugierig, motiviert, müde, gestresst? Wie fühlst du dich gerade?

Und um dieses Gefühl anzuerkennen, und um dich nur für den Moment von ihm zu distanzieren: Drücke einen Punkt. Oder ein Komma, wenn es dir angemessen erscheint.

(Kommentar: Dies kann sich gut in einem Chat zeigen: es gibt einen tollen Effekt, wenn man sieht, wie sich die Satzzeichen so hintereinander reihen.)

Lass uns jetzt auf die Leertaste konzentrieren. Im Englischen heißt sie Space-Bar. Sie ist ein Platzhalten, schafft Space, Raum. Eben Leerstellen. Hast du gerade genügend Leerstellen? Platz? Space? In diesen Zeiten, in denen wir ein bisschen zwischen Häuserwänden eingegraben sind, ist das vielleicht auch für dich nicht so einfach. Was füllt gerade den Platz, den du hast? Physisch oder auch übertragen: Was füllt dein Herz, deinen Kopf? Für was hättest du gerne mehr Platz?

Mach dir eine kleine innere Notiz. Oder vielleicht sogar eine auf Papier, einer Sticky Note zum Beispiel.

Schauen wir uns die Steuerung-Taste an. Control-Taste heißt sie auch auf manchen Computern. Vielleicht hast du gerade den Eindruck ein bisschen die Kontrolle zu verlieren. Vielleicht magst du dich eigentlich lieber ablenken oder aufmuntern. Oder: Ein Stück weit etwas Konkretes in die Hand nehmen? Wirksam werden. Wie ist mein Verhältnis zu „Kontrolle“? Mag ich es Kontrolle über etwas zu haben? Kann ich mich auch zurückziehen und jemand anderem die Kontrolle über ein Projekt geben?

Eine Taste über der Steuerungstaste ist die Shift Taste. Und genau jetzt gibt sie uns einen wichtigen Hinweis: Nämlich einen Pfeil der nach oben geht. Nach oben zu schauen. Hast du heute schon einmal in den Himmel geschaut?

Aber die Shift-Taste heißt eben auch… Groß zu schreiben — und vielleicht auch groß zu denken. Von dir selbst — und von anderen. Und von den Ideen, die wir nun in der nächsten [Sitzung, Zeit, Konferenz,…] bearbeiten. Und darüber hinaus. Großmut, sagt Ignatius von Loyola. Mehr wollen. Mehr Glaube, mehr Liebe, mehr Hoffnung.

Spür dem mal nach. Fühle die Taste und schau, wie es deinem Großmut heute geht. Und: Wo magst du in den nächsten Minuten, Stunden, Tagen großmütig sein?

Vielleicht magst du die Taste drücken, wenn du soweit bist. Tu es bewusst. Und vielleicht erinnerst du dich in den nächsten Tagen, wenn du diese Taste drückst.

Schließlich eine letzte Taste: In der Regel oben links auf der Tastatur: die F1 Taste. In manchen Programmen steht sie für die Hilfe. Vielleicht gibt es eine Sache, die dich im Moment unsicher macht. Vielleicht ist das deine erste Video-Konferenz, dein erstes Meeting mit diesen Menschen, vielleicht weißt du gerade nicht auf was du dich eingelassen hast? Fühle die Taste und überlege, was du nun brauchst… Kannst du darum bitten? Für dich, im Stillen?

(Abschließendes Gebet freiformuliert)

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